Gesundheit
Stärkung des Immunsystems durch “Eigen-Aktivität“
Einführung und Überblick
Wir kennen verschiedene äußere Mittel und Maßnahmen für die Stärkung des Immunsystems, wie z.B. Vitamin C, Zink aber auch Sonnenlicht, frische Luft und Wechselbäder. Weniger bekannt – und gewissermaßen noch vollkommen in den Kinderschuhen – ist die Stärkung des Immunsystems von innen heraus. Dieses geheimnisvolle Innere kann als das „innere Rückgrat“ des Menschen bezeichnet werden und dieses kann über den Weg der hier vorgestellten „Eigen-Aktivität“ gestärkt werden. Die Frage ist, was ist Eigen-Aktivität im Unterschied zum normalen Aktivsein ? Wie entsteht dieses verborgene Potential in uns Menschen ? Welche Zukunfts-Bedeutung hat diese Tugend für die Erkraftung des Immunsystems und damit für Behandlungen von Erkrankungen unserer modernen Zeit ?

Der bedeutende Unterschied zwischen “Aktivsein“ und “Eigen-Aktivsein“
Die Unterscheidung zwischen einem normalen Aktivsein und des hier skizzierten stärkenden Eigen-Aktivseins lässt sich gut an folgender Yoga-Asana beschreiben. Man beachte beim ersten und zweiten Foto die Ausführungen unter zwei Kriterien …
(a) die Art und Weise wie die Beine und das Becken eingesetzt werden und
(b) wie sich die Dynamik des Rückens zeigt.
Wie lassen sich die Übungen in diesen beiden Details und wie im Ausdruck, also in ihrer Gesamt-Ausstrahlung beschreiben ?

(a) Die Eigen-Aktivität von Beinen und Becken
Beim zweiten Foto wird das Eigen-Aktivsein am Körper sichtbar.
Man schaue zuerst auf die Kraft, die die Beine des Übenden dehnfreudig auseinanderstreben lässt und wie zugleich das Becken am Ende der Wirbelsäule von zusammenziehenden Kräften zentriert wird. Die auseinanderdehnenden Beine und das sich zentrierende Becken bilden eine fließend ineinanderwirkende Einheit. Der Stand wird damit dynamisch und gleichzeitig äußerst stabil.
Diese Dynamik in Beinen und Becken ist vergleichbar mit dem Zusammenziehen eines Knotens, wenn man an den zwei Enden einer Schnur zieht. Je mehr man an den Enden zieht, umso fester wird ein Knoten in der Mitte.


(b) Die Eigen-Aktivität der Wirbelsäule
Im ersten Foto des Halbmondes fällt ein schöner aufrechter Rücken auf. Im Vergleich zu dem zweiten Foto lässt sich jedoch ein prägnanter Unterschied feststellen. Bei der ersten Ausführung fehlt fast gänzlich ein dynamisches Aufstreben des Oberkörpers, dieser bleibt mehr statisch in der Senkrechten. Der Übende bleibt nahezu passiv im Strecken der Wirbelsäule.
Ganz anders bei der 2. Ausführung. Der Übende ergreift einen Bereich in der Mitte der Wirbelsäule (8.-10. Brustwirbel). In der Yogalehre ist das der Ort eines weiteren feinstofflichen Energiezentrums, des manipura-cakra.
Lernt der Übende diese WS-Region zielgerichtet durchzuspannen – wie ein Segel eines Segelbootes, das sich kraftvoll in den Wind dreht – und lernt er dabei Schultern, Nacken und Kopf in die Ruhe zu führen, entfaltet sich eine ausgesprochen gesunde Form der Eigendynamik der Wirbelsäule, wie im zweiten Bild zu sehen.

Wie zeigt sich die stärkende Eigen-Aktivität im Alltag ?

Ein kurzes Beispiel aus dem Alltag: Rät beispielsweise eine Frau ihrem Partner, er solle doch endlich etwas für seine Gesundheit tun und sich im Fitness-Studio anmelden, was dieser dann unter Zögern tut, dann wird dieser beim Training nur halbherzig dabei sein, denn er wird nicht von einer eigenen Motivation angetrieben. Es mag sicher ein paar positive Effekte bei ihm geben, jedoch werden durchschlagende Trainingserfolge wohl eher ausbleiben. Ganz anders ist es bei einer Eigen-Motivation und eigenen Zielsetzung. Diese bringen ein durchwärmendes Feuer in das Vorhaben und können leichter einen spürbaren Erfolg herbeiführen.
Ist Eigen-Aktivität im Sinne eigener Motivation vorhanden, steigen Gesundheit, psychische Stärke und Lebensfreude.
Eigen-Aktivität im Sinne des “Neuen Yogawillens“ nach Heinz Grill

Die Entwicklung einer „freien Spiritualität“, wie sie hier auf der Webseite verstanden wird, bedarf als Voraussetzung der Eigen-Aktivität.
Denn, geht man mit der Bedeutung des Eigen-Aktivseins in die Tiefe, dann wird man auf den innersten Kern des Menschen aufmerksam, auf die innerste Natur des Menschseins. In der indischen Sanskrit-Sprache heißt diese Instanz atman oder übersetzt das „Selbst“, bei Rudolf Steiner findet man den Begriff des „Ich“ dafür. Umgangssprachlich wird man vielleicht sagen, dass jemand Charakter hat oder jemand authentisch ist.
Das „Eigen“ bedeutet also in diesem tieferen Sinne, dass der Mensch an Authentizität, an einer inneren Selbstkraft gewinnt. Wie macht er das ? Er setzt sich zum einen mit eigenem Denken und Wahrnehmen, eigener Einfühlsamkeit und eigenen Entscheidungen mit dem praktischen Leben auseinander – er vermeidet, sich Mehrheitsmeinungen undifferenziert anzuschließen – und zum anderen tritt er aktiv in Beziehung zu bedeutenden Weisheiten der Menschheitsgeschichte.
Was bewirkt diese Authentizität, diese Selbst-Kraft ? Sie macht den Menschen zunehmend freier und unabhängiger von kollektiven Mehrheits-Meinungen oder von Gruppen-Zwängen. Ein berühmtes Beispiel in der Geschichte ist das Leben von Mohandas Karamchand Gandhi, bekannt unter „Mahatma Gandhi“. An seiner Biografie lassen sich Authentizität sowie ein Freisein von kollektivem Gehorsam anschaulich erkennen.
Im Yoga-Bereich der neueren Geschichte – im sogenannten „neuen Yogawillen“ – weist der spirituelle Lehrer Heinz Grill allgemein auf die Bedeutung des Eigen-Aktivseins für die Gesundheit hin. Dies betrifft die positive und heilsame Auswirkung auf die psychische und auf die körperliche Gesundheit.
In der Eigen-Aktivität schützt sich der Mensch besser vor Fremdbeeinflussung und Manipulation. Das heißt in anderen Worten, er entwickelt eine Immun-Kompetenz auf der psychischen Ebene.
Bevor die besondere Wirkung der Eigen-Aktivität auf das körperliche Immunsystem herangeführt wird, soll zuerst kurz das Immunsystem in seinen grundlegenden Funktionen skizziert werden …
Das Immunsystem als Abwehr- und als Integrations-System

In der Regel wird heute das Immunsystem als reines Abwehrsystem von gefährlichen Erregern angesehen. Gefährdende Viren, Bakterien, Keime oder Pilze sollten sich im Körper nicht vermehren. Diese Eigenschaft zeigt sich in verschiedenen Zelltypen, wie z.B. den Fress- oder Killerzellen, die zu der Gruppe der weißen Blutkörperchen zählen. Ein gesundes Immunsystem sorgt dafür, dass keine toxischen Erreger den Organismus gefährden.
Wenn man die weisheitsvollen Prozesse der Immun-Kompetenz des Körpers genauer betrachtet, dann wird deutlich, dass das Immunsystem jedoch deutlich mehr leistet. Es ist nicht nur ein Abwehrsystem, sondern zugleich ein sensibles Wahrnehmungs- und sogar Integrations-Organ.
Warum ist das Immunsystem auch ein Integrations-System ? Es soll uns doch vor schädlichen Viren, Bakterien, Keimen etc. schützen !
Die Weisheit des Immunsystems
Bevor ein schädlicher Erreger „bekämpft“ wird, muss dieser erst einmal wahrgenommen und als Gefährder identifiziert werden. Es braucht also …
(a) zuerst die Fähigkeit der Unterscheidung zwischen wichtigen, ernährenden Stoffen und solchen, die toxisch wirken. Dann gibt es …
(b) Zellen, die diese schädlichen Stoffe zerkleinern, quasi verdauen, und in kleinere Eiweißmoleküle zerlegen, die dann von anderen Immunzellen
(c) im Sinne von einer ersten Immunabwehr registriert und abgebaut werden oder zudem
(d) im Sinne einer spezifischen Abwehr mit Antikörperbildung unschädlich gemacht werden.
Ein toxischer Eindringling wird also nicht einfach eliminiert, sondern er wird identifiziert und seine Eiweißstruktur als zukünftige Erfahrung und Kompetenz verarbeitet und gespeichert. Dies ist sichtbar in der Antikörperbildung und in den sich bildenden Gedächtniszellen.
Das Immunsystem trägt die Weisheit in sich, dass es sich in seiner Immun-Kompetenz immerzu weiterbildet. Es ist vielfach bewiesen, dass Kinder mit ausreichendem Kontakt zur Außenwelt, also z.B. im Buddelkasten oder beim Spielen im (vermeintlichen) Dreck tendenziell an Immunstärke im Erwachsenenalter gewinnen. Bei gesunden älteren Menschen wird dies daran sichtbar, dass sie durch verschiedene Bakterien und Viren, denen sie im Laufe des Lebens begegnet sind, oft nicht ernsthaft oder gar nicht erst erkranken.
Ein Erreger mit seinen charakteristischen Eigenschaften wird intelligent vom Immunsystem erkannt, seine Signatur wird registriert, sie wird integriert (gespeichert) und nicht nur einfach abgewehrt.
Das Immunsystem als Integrations-System
Unser Immunsystem ist somit vielmehr ein Integrationssystem als ein Abwehrsystem. Es möchte lernen und stärker werden, es möchte Erfahrungen integrieren. Das Foto drückt aus, dass immer neue Elemente (Erfahrungen) wie Puzzlestücke dazukommen, und sich damit eine größere Kompetenz einstellen kann.
Ein Versuch des Menschen, sich zu schützen, indem man sich von möglichst vielen Erregern fernhält, erscheint deshalb wie kontraproduktiv, weil wichtige Lernschritte damit verhindert und ausgelassen werden. Für eine solche progressive, stärkende und zukunftsorientierte Aufgabe muss das Immunsystem wach, differenziert und aufnahmefähig für äußere Einflüsse werden.
Es sei noch kurz erwähnt, dass eine weitere wichtige Funktion des Immunsystems neben der Wachheit für Erreger von außen, die Wachheit für die Degeneration eigener Zellen von innen ist. Wenn sich verändernde, eigene Zellen vom Immunsystem nicht erkannt werden, können gutartige oder bösartige Zellwucherungen (Krebs) entstehen.

Das gesunde Immunsystem ist integrierfähig, lernfähig und erweitert sich idealerweise beständig
Die Immunität des Menschen aus ganzheitlicher Sicht
Der Zusammenhang von einem wachen, differenzierten Bewusstsein – welches sich aktiv mit dem Leben auseinandersetzt – zur Stärke des körperlichen Immunsystem ist noch recht wenig erforscht. Erste Ergebnisse liefern beispielsweise die noch verhältnismäßig junge Disziplin der Psychoneuroimmunologie – insbesondere durch Prof. Dr. Dr. Christian Schubert – sowie die anthroposophische Medizin nach R. Steiner und die Heilkunde des „Neuen Yogawillens“ nach Heinz Grill.
Während einer Tagung im Mai 2021 in Süddeutschland mit dem Titel „Bewusstsein und Immunsystem“ (siehe Foto von Buchtitel) kamen aus diesen Fachrichtungen verschiedene Fachleute zusammen und erörterten diesbezüglich ihre Forschungsergebnisse sowie verschiedene Gesichtspunkte der Immunität des Menschen im Gesamt-Zusammenhang von Bewusstsein, Psyche und dem menschlichen Organismus.
Tagungs-Beiträge von H. Grill und Dr. G. Albert zeigten beispielsweise auf, dass eine gesunde Reaktionsfähigkeit des zellulären Immunsystems in direktem Zusammenhang mit der Aktivität des menschlichen Bewusstseins steht.
Eine zentrale Aussage beider Referenten war sinngemäß, dass die bewusste, objektivierende und anhaltende Auseinandersetzung mit den äußeren Lebensumständen dem Immunsystem im Inneren mehr Kompetenzen ermöglicht, mit schädlichen Erregern oder eigenen Zellveränderungen umzugehen. Je mehr ein Mensch sein Bewusstsein schult, ruhig und objektiv das Lebensumfeld wahrzunehmen sowie bemüht ist, mit konkreten Gedanken, Ereignisse differenzierter betrachten zu lernen – so eine zentrale Aussage der Vortragenden – umso mehr steigt die Wachheit sowie die Reaktions- und Integrationsfähigkeit des körperlichen Immunsystems.

Ein Fazit
Eine oberflächliche Ausrichtung des menschlichen Bewusstseins im Strom des Zeitgeistes – ohne ruhige und bewusste Beziehungsaufnahme zu dem, was man sieht oder tut – wird tendenziell die Immunität herabmindern, so ein Resümee der oben genannten Tagung. Eine bewusste Aufmerksamkeit hingegen, mit differenzierter Anteilnahme zu Menschen und Umgebung, wird tendenziell die Immunität stärken. Folgend zwei Beispiele aus dem Leben. Eine ruhige Betrachtung der Fotos kann deutlich machen, bei welcher Person mehr Ruhe, Kraft und wache Bewusstheit vorhanden ist.

Vieles gleichzeitig erledigen wollen, erzeugt in der Regel Oberflächlichkeit und Unruhe im Bewusstsein.

Sich auf eine Sache (und sich selbst) ausrichten, erzeugt eine wache Bewusstheit und fördert die Immunität.
Wie entwickelt sich stärkendes Eigen-Aktivsein … und wie nicht ?

Der Weg nach oben
Der Weg nach oben bedeutet, dass die heilsame Form des Eigen-Aktivseins ein Ergebnis von verschiedenen Lern- und Entwicklungsschritten im Leben ist. Diese einzelnen Etappen und Lernschritte sind in der Grafik benannt. Von der Mitte aus nach oben führen einzelne Verhaltensweisen zu steigender persönlicher Stärke und Reife. Sie führen am Ende zu dem, was man Authentizität, Selbst-Bestimmung und „ganzheitliche Immunität“ nennen kann.
Der Weg nach unten
Diese Grafik stellt zugleich das Gegenteil des obigen Weges bildhaft dar. Denn auch das Gegenteil im Sinne von einer größeren Passivität oder einer ausgeprägten Erwartungshaltung an andere Menschen oder an das Leben, ist ebenso das Ergebnis von vielen vorherigen Einflüssen. Diese Einflüsse jedoch schwächen den Menschen in der inneren Persönlichkeit und in seiner Immunkompetenz. Sie münden tendenziell in Formen von Fremdbestimmtheit und substantiellen Schwächen in der Persönlichkeit.
Ein besonderes Phänomen
Ein besonderes Phänomen, das in unserer Zeit vorkommen kann, ist, dass Menschen ihre Schwäche ausnutzen und bewusst eine Opferhaltung einnehmen. Sie nutzen ihren Opferstatus, um andere an sich zu binden und um andere zu manipulieren. Das entspricht dem unteren Pfad. Eine Immunkompetenz kann damit nicht entstehen. Aus der Sicht einer menschengerechten Entwicklung und der hier skizzierten ‚freien Spiritualität‘ entsteht Immunkompetenz erst, wenn der Mensch sich seiner Verantwortung für das Leben und seiner Mitmenschen bewusst wird und ehrlich und verantwortungsvoll handeln lernt.
Zusammenfassung – Conclusio
Die menschliche Eigen-Aktivität ist ein wesentlicher Schlüssel für eine substantielle, den ganzen Menschen betreffende Immunstärke. Eine solche schützende Stärke kann aus der Aktivierung von Bewusstseinskräften heraus entwickelt werden. Die Entwicklung der Bewusstseinskräfte ist ein wichtiger Baustein bei der auf dieser Webseite skizzierten ‚freien Spiritualität‘.
Bewusstseinskräfte sind das Denken, das Fühlen und der Wille. Aus einer geistigen Beobachtungs- und Denkweise lässt sich feststellen, dass diese Kräfte immunologisch stärkend wirken, wenn sie aus eigener Motivation heraus bewusst und zielgerichtet trainiert und eingesetzt werden.
Eine Eigen-Aktivität beginnt mit einem Denken, das sich zu einem Thema inhaltlich in Beziehung bringt und aus eigenem Interesse entspringt. Daraus entwickelt sich ein lebendiges Fühlen für die Sache und schließlich eine ausdauernde Tatkraft, die sich entschlossen aufs Ziel zubewegt.

Was der Mensch bewusst integriert – integriert sein Immunsystem
Dieser 3-gegliederte Einsatz setzt weisheitsvoll feinere Lebenskräfte frei, die schließlich bis auf die körperliche Zellebene hinunter ein waches und geordnetes Eingreifen der Immunzellen unterstützen, so zeigen es die praktischen Erfahrungen. Man kann diesen Weg über die Stärkung des Bewusstseins als einen psycho-neuro-immunologischen Weg bezeichnen.
Ein abschließendes Beispiel: An der Yoga-Pose des Kamels (siehe Foto) kann die stärkende Eigen-Aktivität des Denkens, Fühlens und des Willen noch einmal abschließend angeschaut werden.
(a) Die denkende Vorstellung wird an der Stirn mit einer zentrierten Offenheit nahezu sichtbar
(b) Das Fühlen der gedachten Idee zeigt sich in der lebendigen Ausdehnung der mittleren Wirbelsäule
(c) Das ausdauernde (Durch-)Halten im offenen Raum macht den aktiven Willenseinsatz deutlich
Bedenkt man die stressreichen Umwelt- und Lebenseinflüsse, die jeder von uns täglich erleben kann, … bedenkt man deren schwächendes Potential für die psychische und physische Immunität, dann kann deutlich werden, dass in diesem Weg der Bewusstseins-Aktivität eine zukunftsorientierte Perspektive liegt. Jeder Mensch kann nach seinen Möglichkeiten ein solches Training aufgreifen und unabhängiger von äußeren Mitteln und Maßnahmen etwas für seine Gesundheit – eigenaktiv und eigenverantwortlich – tun.
Stefan Jammer – November 2025
